- Objektname: Lufthauptmunitionsanstalt 3/XI Langendamm
- Ortslage/LK: Langendamm, Gemarkung Westerbruch, LK Nienburg/Weser, NI
- Koordinaten: N 52.62096, E 9.26659
- Nutzung: 1936 - 1945 Wehrmacht, Luftgau-Kommando XI,
- 1945 - 1947 Britische Armee
- 1947 - 1550 Übergangs- / Flüchtlingslager
- 1954 - heute Bundeswehr (als Teil des Standortübungsplatzes)
- 1960 - heute Privateigentum (Bereich Führser Mühlweg), 1960
- Ausrüstung: ca. 50 Gebäude, Baracken und Bunker für die Munitionsfertigung
- 1 Wohnheim für Angestellte
- 2 Barackenlager für Fremd- und Zwangsarbeiter
- Gleisanschluss vom Bahnhof Nienburg (Weser)
- Gleisanlagen innerhalb des Geländes , ca. 3 km
- Ist-Zustand: Zahlreiche noch vorhandenen Gebäuder bzw. Gebäudereste
- Viele der ehemaligen Fabrikationsgebäude sind für zivile Zwecke umgebaut worden. Zahlreiche Bunker und Gebäude sind äußerlich nahezu unverändert und liegen auf dem Gelände des Standort-übungsplatzes der Bundeswehr.
- Recherchen: 2013 Exkursion: 27.03.2013
- Fundstellen: Militärhistorische Sammlung, Clausewitz-Kaserne Langendamm
Lage
Kartenauszug Google-Maps
Kartenauszug Google-Maps
Die militärische Aufrüstung in den 1930-er Jahren ging auch im Bereich der Stadt Nienburg (Weser) nicht spurlos vorbei. Im heutigen Ortsteil Langendamm wurde in den Jahren 1935 bis 1936 in der Gemarkung Westerbruch, auf dem Gelände des heutigen Standortübungsplatzes der Bundeswehr die Lufthauptmunitionsanstalt 3/XI gebaut.
Die Fabrikationsstätte war neben den Anlagen in Lübberstedt und Hesedorf die 3. ihrer Art in Niedersachsen und unterstand dem damaligen Luftgau-Kommando XI in Hannover, ab März 1940 Hamburg) welches bis März 1941 der Luftflotte 2 unterstand.
In der Werksanlage wurde Munition für die Luftwaffe hergestellt, gelagert und zum Weitertransport auf Güterwagen der Deutschen Reichsbahn verladen. Die Hauptstraßen der Fabrikationsanlage waren der Führser Mühlweg, die Bromberger Straße (heute teilweise Forstwirtschaftsweg) sowie die Oderstraße.
Der Führser Mühlweg heute. Für die Fabrikationsstätte entstanden auf dem Gelände sehr viele Gebäude, die auch heute noch erhalten sind und umgebaut wurden.
Die Hauptpforte befand sich am Südende des heutigen Führser Mühlweges (Punkt Nr. 6). Das ehemalige Wachlokal (heute Wohnhaus) ist als solches noch zu erkennen. Eine zweite Pforte befand sich im Norden, in Höhe der Kreuzung des Anschlussgleises und dem Führser Mühlweg (Punkt 3).
Das ehemalige militärische Stabsgebäude der Munitionsanstalt lag gegenüber der Wache und wies bis vor einigen Jahren noch einen militärischen Flecktarnanstrich auf.
Unmittelbar hinter dem Wachlokal befindet sich das Gebäude der heutigen Waldgast-stätte. Dieses Gebäude diente vmtl. dem Kantinenbetrieb der Lufthauptmunitionsanstalt. Weitere Gebäude in dieser Bauform sind - jeweils mit An- und Umbauten - im Bereich des ehemaligen Anlagengeländes noch vorhanden.
Am Führser Mühlweg, im Süden der Anlage entstanden Unterkünfte für die Arbeiter und Angestellten der Munitionsfabrik. Für Fremd- und Zwangsarbeiter der Munitionsfabrik entstanden später im Bereich der Waldstraße (heute Westlandstraße), sowie auf dem Gelände der heutigen Standortschießanlage zusätzliche Lager mit jeweils ca. 10-15 Baracken (Karte). Über die Anzahl, das Leben und die Schicksale der in Langendamm eingesetzten Fremd- und Zwangsarbeiter gibt es keine Informationen. Etwa Anfang bis Mitte der 1950-er Jahre wurden die Lager abgerissen.
Die Unterkunftsgebäude am Führser Mühlweg, wurden nach Kriegsende zunächst als Flüchtlingslager und nach Einzug der Bundeswehr lange Zeit als Unterkunft für die dort stationierten Zeitsoldaten genutzt. Bereits vor einigen Jahren wurde die Liegenschaft verkauft und ist heute ein privates Seniorenheim.
Die Lufthauptmunitionsanstalt in Langendamm erhielt vom Bahnhof Nienburg (Weser) ein direktes Anschlussgleis für die dortige Verladung von Güterwagen. Das Gleis zweigte einige hundert Meter hinter dem ehem. Posten 52 (Bahnübergang "Zur Stadtforst/Am Führser Busch) auf das Militärgelände ab, wo sich noch heute eine große Seitenrampe befindet (Punkt Nr. 1). Dieses Objekt liegt weit ab vom Gelände der eigentlichen Fabrikationsanlage. Ob hiermit ein Zusammenhang steht, ist nicht endgültig geklärt.
Nach Abzweigung des Anschlußgleises in Richtung Werksgelände führte die ehemalige Trasse durch eine Hügelkette. Die Stelle ist als Punkt Nr. 2 auf der Karte eingezeichnet. Starke Betonwände befanden sich jeweils links und rechts der Gleistrasse.
Denkbar wäre hier das ehemalige Brückenbauwerk einer Straßenbrücke, da dieses Objekt außerhalb der eigentlichen Anlage liegt. Mit Fertigstellung war der heutige Führser Mühlweg militärisches Sperrgebiet und für den zivilen Durchgangsverkehr gesperrt. Er nutzte den Wirtschaftsweg um den Osterberg, der kurz vor der Bahnlinie in den Führser Mühlweg einmündete und vorher das Anschlussgleis kreuzte.
Nach Querung der Hügelkette ist eine mögliche Zweigung der Gleistrasse zu vermuten. Spuren oder Fragmente eines Eisenbahnoberbaus waren hier allerdings nicht erkennbar.
Das Gelände ist mit schmalen Wegen und Pfaden wie ein Spinnennetz durchzogen. Die Wege, Gleisanlagen sowie Gebäude der Lufthauptmunitionsanstalt sind auf dem Karten-ausschnitt der TK 3321 (Ausgabe 1936-45) von German Maps sehr gut zu erkennen.
Kartenausschnitt TOP 50 - Ausgabe 31.12.2009 - LGLN
Zum Vergleich ein Ausschnitt von Langendamm mit dem heutigen Standortübungsplatz aus OpenStreetMap. Der Gleisverlauf ist zur Orientierung in der Karte eingezeichnet.
Neben der Kasernenanlage westlich des Osterberges kamen nördlich des Kuckckus-berges zahlreichen Werkhallen, Bunker und sonstige Einrichtungen hinzu.
Etwa 20 Gebäude, Ruinen und Bunkeranlagen liegen teilweise auf dem Gelände des heutigen Standortübungsplatzes der Bundeswehr.
Das Gebäude 2 hat die Ähnlichkeit mit dem Güterschuppen eines Kleinstadt-bahnhofes: An der Vorderfront befindet sich eine Rampe für den Straßenverkehr. Die Rückfront hat eine durchgehenden Rampe für die Eisenbahnverladung.
Auf dem Kartenausschnitt von 1936 ist an dieser Stelle eine Ausweiche, sowie ein Stumpfgleis eingezeichnet. Vermutlich war hier auch die nördliche Grenze der Munitionsanstalt und es befand sich hier die nördliche Pforte.
Die Seitenrampe auf der Gleisseite des Gebäudes. Bemerkenswert sind die schmalen Türen, daher für Sackkarrenbetrieb fast nicht geeignet.
Hier sieht man noch eindeutig die Trasse des Gleisanschlusses. Wären die Bäume nicht, so könnte man meinen, dass das Gleis gestern erst zurückgebaut wurde.
Auf der Westseite des Gebäudes führte die Gleistrasse in Richtung Nienburg zur Haupt-strecke. Eine mögliche Zweigung in Richtung Osterberg ist noch erkennbar.
Richtung Osten verlief das Gleis weiter in Richtung Gebäude 4 (Punkt Nr. 5), wo sich auch die anderen Gebäude befinden. Es sind allerdings keine Spuren mehr vorhandener Gleisanlagen zu erkennen.
Gebäude 4 ist identisch mit Gebäude 2 und hat ebenfalls eine Straßen- und Gleisrampe.
Gebäude 3, die Seitenwände wurden hier komplett entfernt.
Gebäude 14
Innenansicht von Gebäude 14
Gebäude 11
Gebäude 12
Gebäude 9
Gebäude 6
Gebäude 7 und im Hintergrund Gebäude 5, die mit Gebäude 6 als Lagerhäuser dienen.
Wenige Meter westlich von diesen Gebäuden standen weitere Fertigungshallen (Nr. 4). Sie wurden im Laufe der Jahre umgebaut und gehören zum Gewerbegebiet Langendamm.
Der Osterberg diente ab ca. 1935 als Übungsgelände für Segelflugzeuge der Flieger-HJ. Auch nach dem Krieg wurden noch bis in den 1960-er Jahren von dort Segelflugzeuge gestartet. Es sollen dort zwei Flugzeughallen gestanden haben.
Im Jahre 1956 wurde für die neu aufgestellte Bundeswehr in Langendamm die Clausewitz-Kaserne gebaut. Das Gelände um den Oster-, Kuckucksberg und dem Westerbruch sowie der ehemaligen Munitionsfabrik ging als Standortübungsplatz an die Bundeswehr.
Mit Ende des kalten Krieges wurde der westliche Teil des Übungsplatzes (Osterberg) aufgegeben und ist heute ein Naherholungsgebiet. Der östliche Teil mit dem ehemaligen MunA-Gelände ist Militärischer Sicherheitsbereich.
Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurden viele der Gebäude bis etwa 1947 zum größten Teil von den britischen Streitkräften genutzt. Die Gebäude, die nicht militärisch genutzt wurden, dienten als Durchgangslager für Flüchtlinge. Viele Flüchtlinge blieben in Langendamm und fanden hier ihre neue Heimat.
Als Erinnerung für die Vertriebenen wurde 1961 an der heutigen Ostlandstraße ein Wegweiser mit Entfernungsangaben zu einigen Städten der ehemaligen deutschen Ostgebiete aufgestellt.
Bevölkerungsentwicklung in Langendamm
- 1925 - 141 Einwohner
- 1933 - 158 Einwohner
- 1939 - 258 Einwohner
- 1953 - 800 Einwohner
- 2012 - 2700 Einwohner
Quellenangaben
- Langendamm - Stadt Nienburg/Weser
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Langendamm - Wikipedia
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Langendamm - Geschichte von Langendamm
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Deutsche Verwaltungsgeschichte - Ortsbuch 1871-1990, Dr. Rademacher
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Lufthauptmunitionsanlage 3/XI - Relikte.com
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Reichskarte 1898 - David Rumsey Map Collection
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TK 3321 (Ausgabe 1936-45) - German Maps - Harold B. Lee Library
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OpenStreetMap Deutschland - OpenStreetMap.de
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Bildmaterial - Gerhard Kulawenski, Bundesarchiv, Wikipedia