Loccum, Kloster

  • Objektname: Kloster Loccum
  • Ortslage/LK: Rehburg-Loccum, LK Nienburg (Weser), Niedersachsen
  • Koordinaten: N 52.45236, E 9.15072
  • Nutzung:        1163 - heute
          • Zisterzienser-Orden, ab 1163
          • Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannover, heute
  • Ist-Zustand:  Die Klosteranlage kann frei betreten werden
  • Recherche:    2013               Exkursion:
  • Fundstelle:   Wikipedia

Lage

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Kloster Loccum ist ein ehemaliges Kloster der Zisterzienser in der Stadt Rehburg-Loccum, Niedersachsen, nahe dem Steinhuder Meer. Auf eine Stiftung der Grafen Wilbrand von Hallermund zurückgehend, wurde es 1163 als Filialgründung des Klosters Volkenroda in Thüringen errichtet, mit welchem es heute der Pilgerweg Loccum–Volkenroda verbindet. Primarabtei ist das Kloster Morimond.

Loccum_Kloster_1840

Das Kloster Loccum ist eine selbstständige geistliche Körperschaft in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Es dient kirchlichen Zwecken innerhalb der Landeskirche. Das Gebäude wird heute als Predigerseminar, als Tagungshaus und als Ausflugsziel genutzt. Unter dem Leitmotiv „Wort halten“ feiert das Kloster Loccum im Jahr 2013 sein 850-jähriges Bestehen.

Im Jahr 1163 kamen ein Abt und zwölf Mönche aus dem thüringischen Zisterzienserkloster Volkenroda nach Loccum, um hier eine neue Niederlassung ihres Ordens zu gründen. Die Ansiedlung der Mönche erfolgte durch eine Stiftung von Wilbrand I. von Loccum-Hallermund als Graf von Hallermund.

Um 1250 beschrieb ein Loccumer Mönch in der sogenannten Vetus narratio de fundatione Monasterii Luccensis, also der „Alten Erzählung von der Gründung des Loccumer Klosters“, die Lebensumstände der ersten Mönche als dramatisch schlecht. Danach hätten die Mönche sich an einem „Ort des Schreckens und weiter Einsamkeit“ niedergelassen, einem Ort „des Aufenthalts von Räubern und Wegelagerern“[3]. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse seien so gewesen, dass die Gründerväter Loccums in Hunger und Durst die Armut Christi nachgeahmt hätten. Trotz Kälte und Hitze hätten sie aber nicht abgelassen zu arbeiten, bis sie aus der Räuberhöhle ein Haus des Gebets gemacht hatten. Diese Zustände hätten den in den Statuten der Zisterzienser festgelegten Idealen entsprochen.

Die Beschreibung entsprach jedoch nicht den wahren Umständen. Die nähere Umgebung des Klosters war besiedelt. Es ist umstritten, ob die Luccaburg, die den Kern der Stiftung bildete, noch bewohnt war. Die Nennung des zur Burg gehörenden Fronhofs in der Stiftungsurkunde des Mindener Bischofs spricht dafür. Ausweislich der Stiftungsurkunde gehörten zum Stiftungsgut zusätzlich drei namentlich bekannte Ortschaften. Auch war die Gegend nicht so unwirtllich wie beschrieben, denn in der Umgebung Loccums hatte die landwirtschaftliche Erschließung der Sumpf- und Waldgebiete bereits begonnen. Ein vom Klosterstifter, dem Grafen von Loccum-Hallermund, zum Schutze des Klosters eingerichteter Ministerialensitz dürfte die 1183 erwähnte Burg Monechusen auf dem Haarberg (zwischen den heutigen Orten Rehburg und Winzlar) gewesen sein, der Stammsitz des Adelsgeschlechtes Münchhausen.

Die heute noch stehende Kirche wurde erst 1240 als Bau begonnen. Die Loccumer Mönche erschlossen vor allem in der unmittelbaren Umgebung des Klosters sowie um den Grinder Wald größere Flächen für die Landwirtschaft.

Bereits 1279 war das Kloster Loccum Hausbesitzer in Hannover. Nach zwei ersten Buden am dortigen Hokenmarkte kam 1293 ein Hof in der Osterstraße hinzu, der vor allem dem Verkauf der eigenen Getreideernte dienen sollte. Diesen Besitz erweiterte das Kloster durch den Ankauf eines weiteren Grundstückes zum Loccumer Hof,[5] auf dem bis in 20. Jahrhundert hinein Geschichte geschrieben wurde.[6]

Loccum unterstand dem direkten Schutz des Reiches sowie des Papstes. Es führte den Titel eines Freien Reichsklosters. Vom Kloster Loccum ausgehend wurde 1186 das Kloster Reinfeld besetzt.

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Für Loccum lassen sich im Verlauf des 14. Und 15. Jahrhunderts Anzeichen einer sich zuspitzenden Krise feststellen. Bereits seit 1206 hatte man begonnen, Land an Bauern zu verpachten. Was anfangs noch Ausnahmecharakter hatte, wurde dann im 14. Jahrhundert zur Regel.[7] Es gab auch in Loccum nicht mehr genug Konversen, um die Grangien weiter in Eigenregie zu bewirtschaften, die Ländereien mussten aufgeteilt und an Ordensfremde ausgegeben werden. Die entstandene Grundherrschaft des Klosters unterschied sich nicht mehr von der eines herkömmlichen Benediktinerklosters. In dieser Phase endete das wirtschaftliche Wachstum des Klosters und der Konvent geriet in immer größere wirtschaftliche Schwierigkeiten.[8] Zu Beginn des 15. Jahrhunderts musste sich Loccum verschulden, um den Unterhalt der noch verbliebenen 20 Mönche und zehn Konversen zu finanzieren. Einen Tiefpunkt stellt dabei im Jahr 1424 die Verpfändung von Messkelchen und einer Handschrift an das Kloster Scharnebeck dar, zumal die Pfänder nicht wieder ausgelöst werden konnten.[4]

Es gibt auch direkte Hinweise auf die innere Krise des Klosters im 14. Jahrhundert. Mehrfach gab es mit Herren der Umgebung gewaltsame Auseinandersetzungen und Fehden, bei denen es vor allem um den Klosterbesitz ging.[9] 1320 kam es im Verlauf eines solchen Streits zwischen dem Kloster und Konrad von Wendessen so weit, dass drei Loccumer Brüder den Sohn ihres Widersachers entführten und töteten.[9]

Der Tief- und Wendepunkt der Krise wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts erreicht. Dabei war das Jahr 1454 entscheidend, in dem die Wahl eines neuen Abts anstand. Da sich in Loccum kein geeigneter Kandidat fand, setzte der Abt des Gründungsklosters Volkenroda die Ernennung des Abts Heinrich II. aus dem Kloster Marienrode durch.[10] Der neue Abt begann die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Einer seiner Nachfolger, Abt Arnold Holtvoigt (1458–1483), öffnete den Konvent für nichtadelige Chormönche, sein Nachfolger Abt Ernst (1483–1492) war selbst ein Bürgerlicher. Daraufhin verließen die adeligen Mönche das immer noch arme Kloster.[9] Eine solche Tendenz zur „Verbürgerlichung“ des Konvents ist typisch für die Ordensreformbewegung und nicht nur auf Loccum beschränkt. Der Erfolg der Reformen ist dokumentiert im 1504 entstandenen Visitationsbericht des Abts Nicolaus von Volkenroda anlässlich der Einführung des neuen Abts Boldewin Clausing. Nun lebten wieder 40 Chormönche in Loccum und die wirtschaftlichen Verhältnisse waren gut. Das lässt sich unter anderem am großen, in dem Dokument aufgeführten Viehbestand ablesen.[10]

Reformation

1585 kam das Loccumer Kloster bei Bestätigung aller bisherigen Rechte unter die Hoheit der welfischen Landesherren. Ende des 16. Jahrhunderts nahm es die Augsburger Konfession, also das Luthertum, an.

Im Dreißigjährigen Krieg fanden die „Loccumer evangelischen Konventualen“ zeitweilig auf dem Loccumer Hof in Hannover Zuflucht, nachdem das Kloster durch den Restitutionsedikt eine Zeit lang durch einen katholischen Zisterzienser-Konvent besetzt war.[5]

Mit dem Übertritt zur evangelischen Kirche war ein Ende des mönchischen Lebens im ursprünglichen Sinn verbunden. Die Konventsmitglieder, jetzt lutherische Geistliche, legten nicht mehr die klassischen, für die gesamte Lebenszeit bindenden Mönchsgelübde der Armut, des Gehorsams und der Keuschheit ab; sie hatten das Recht, sich zu verheiraten, in diesem Fall mussten sie jedoch aus dem Konvent wieder austreten. Austritte sind überhaupt aus verschiedensten Gründen bezeugt und waren unproblematisch. Die Mitgliedschaft im Konvent hatte den Charakter einer zumindest potentiell zeitlich begrenzten beruflichen Stellung angenommen und war in der Regel keine Lebensentscheidung mehr. Die Gemeinschaft behielt aber ihr Klostererbe bis zur Agrarreform im 19. Jahrhundert und wurde seit dieser Zeit als calenbergischer Landstand geführt. Die landständische Eingliederung war verbunden mit der Übernahme des Vorsitzes in der Ständeversammlung, dem Calenberger Landtag, durch den jeweiligen Abt des Klosters, eine Aufgabe, die bis heute wahrgenommen wird.

Hexenprozesse

Im Stiftsgebiet Loccum gab es zwischen 1581 und 1661 insgesamt 54 belegte Hexenprozesse. Höhepunkt waren die Jahre 1628 bis 1638 während der konfessionellen Auseinandersetzungen. Etwa 33 Menschen wurden in Hexenverfolgungen hingerichtet. Mit 15 Frauen und fünf Männern gehörten die meisten der Angeklagten zur Gemeinde Wiedensahl. Eine besondere Rolle spielte der evangelische Pastor Heinrich Rimphoff (1622–1638 in Wiedensahl), später Superindendent in Verden, genannt ,großer Hexenverfolger‘ und ,Hexenriecher‘.[11] Er publizierte 1647 das Buch „Drachenkönig – Das ist: Wahrhafftige Deutsche Christliche und hochnothwendige Beschreybunge deß grawsamen hochvermaledeyten Hexen und Zauber Teuffels“ in Rinteln. In einem der letzten Prozesse wurde am 2. Juni 1660 Gesche Köllers, verw. Weimars aus Wiedensahl, im Stiftsort durch das Schwert hingerichtet.[12]

Burghügel der Luccaburg, seit 1820 Grabdenkmal

Namensgeber von Loccum war die Luccaburg, deren Reste in der Art einer Erdhügelburg sich etwa einen Kilometer südlich des Klosters in der Niederung der Fulde befinden.

Die Burg ist nach dem Geschlecht derer von Lucca benannt worden. Ihre Entstehungszeit wird im 9. oder 10. Jahrhundert vermutet. Von der Burganlage, die aus einem aufgeschütteten kreisrunden Hügel von 40 Meter Durchmesser bestand, sind kaum oberirdische Steinreste mehr vorhanden. Bei archäologischen Untersuchungen 1820, 1893 und 1914 wurde eine 2 Meter starke und fast 3 Meter tief in den Boden hineinreichende Ringmauer gefunden. Die Burg wurde wahrscheinlich bereits vor der Gründung des Klosters aufgegeben.

Seit 1820 befindet sich am Burghügel ein Grabdenkmal für einen 1818 verstorbenen Prior und Provisor des Klosters Loccum.

Das Kloster Loccum ist bekannt für seine gut erhaltene, bis in die spätromanische Zeit zurückreichende Bauanlage mit Kirche (Renaissance-Taufstein von 1601[13]), Kreuzgang und den anliegenden Räumen sowie den Wirtschaftsgebäuden. Auch die zum Kloster Loccum gehörende Teich- und Waldlandschaft in der Umgebung erlaubt Einblicke in die ursprüngliche Organisation des ehemaligen Klosters als Wirtschaftsbetrieb.

Klosterkirche

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Hauptschiff der Klosterkirche Loccum

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Blick auf den Altarraum

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Hochaltar

Epithaph

Die Klosterkirche St. Maria und Georg (heute Pfarrkirche St. Georg) wurde wahrscheinlich in den Jahren von 1230/40 bis 1280 errichtet.

Die Stiftskirche wurde in den Jahren 2010 - 2012 grundlegend saniert, um die Statik der historischen Klosterkirche zu sichern. Außerdem wurden die Seitenkapellen ausgebaut und eine neue Orgel aufgestellt. Neu angeschafft wurde ein Bronzeguss "Amplexus" des Künstlers Werner Franzen. Es handelt sich um einen Abguss eines Werks, das sich im Altenberger Dom befindet. Es zeigt Jesus, der sich vom Kreuz herabbeugt, um den Zisterziensermönch Bernhard von Clairvaux und den ebenfalls knienden Martin Luther zu umarmen.[15]

Die Geschichte der Orgeln in der Klosterkirche reicht zurück in das 14. Jahrhundert. Das erste, größere Orgelwerk wurde wohl 1417 erbaut, unter Verwendung von Material des ersten, kleinen Instruments. 1599 erbaute der Orgelbauer Andreas de Mare die dritte Orgel, die im 18. und 19. Jahrhundert erweitert und in einem neuen Gehäuse untergebracht wurde. 1947 wurde das Instrument beim Brand der Kirche, verursacht durch einen Brand im Orgelmotor, vernichtet. Es hatte 32 Register auf drei Manualen und Pedal. 1956 erbaute der Orgelbauer Paul Ott eine neue Orgel, deren Rückpositiv 1963 fertig gestellt wurde. Das Schleifladen-Instrument hatte 40 Register auf 3 Manualen und Pedal. 2011 wurde diese Orgel durch einen Neubau der Werkstatt Orgelbau Romanus Seifert & Sohn ersetzt. Dieses Instrument hat 37 Register (2414 Pfeifen) auf drei Manualen und Pedal. Ein Großteil der Register des Hauptwerkes stehen auf Wechselschleifen, die damit eine Registrierung auf das zweite Manual ermöglichen. Die Spieltrakturen und Koppeln sind mechanisch und elektrisch, die Registertrakturen sind elektrisch. [16Die Orgel verfügt zudem über ein mitteltöniges Werk mit 7 Registern (sog. Spanisches Werk), das vom ersten Manual aus anspielbar ist. Die Register des spanischen Werks sind überwiegend in Bass- und Diskantseite unterteilt.

Die heutige Rechtsstellung des Klosters Loccum ergibt sich aus der Kirchenverfassung der Hannoverschen Landeskirche[17] und der Klosterverfassung[18]. Die landeskirchliche Rechtssetzung billigt dem Kloster Loccum eine weitgehende Autonomie, einschließlich des Rechts auf freie Abtwahl zu. Allerdings werden die landeskirchlichen Aufsichtsrechte, die durch den Kirchensenat ausgeübt werden, gewahrt. Die einzige durch die Kirchenverfassung festgelegte Aufgabe ist der Unterhalt des Predigerseminars.

Kloster Loccum als selbstständige geistliche Körperschaft besteht aus dem Abt und den in der Regel vier bis acht Konventualen. Diesem neunköpfige Konvent, dem Kloster, gehören zumeist Geistliche und Juristen an. Er ergänzt sich selbst, mit Ausnahme der Konventualen, die dem Konvent per Amt angehören: Der Landesbischof der Hannoverschen Landeskirche und der Konventual-Studiendirektor des Predigerseminars. Die Konventualen und der Konvent wählen den Abt und den Prior des Klosters Loccum. Der Konvent ist grundsätzlich frei in der Abtwahl, allerdings hat der Kirchensenat der Hannoverschen Landeskirche das Recht der Einflussnahme auf die Wahlliste.

Das Konventshaus wurde zwischen 1778 und 1780 als eindrucksvoller spätbarocker Fachwerkbau neu errichtet.[

Das Kloster Loccum wird als evangelisches Predigerseminar genutzt. Die Wurzeln dazu reichen bis in die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Ein geregelter Studienbetrieb begann auf Initiative des Abtes Johann Christoph Salfeld im Jahre 1795. In den welfischen Ländern gab es zuvor bereits praktisch-theologische Ausbildungseinrichtungen, wie an den Landesuniversitäten in Helmstedt und Göttingen. Loccum ist auch Sitz der Evangelischen Akademie der Hannoverschen Landeskirche.

Am 19. März 1955 wurde im Kloster Loccum der Loccumer Vertrag zwischen dem Land Niedersachsen und den evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen abgeschlossen.[21] Er regelt die Beziehungen zwischen dem Staat und den evangelischen Kirchen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Der im Loccumer Refektorium unterzeichnete Vertrag ist richtungweisend für die Beziehungen zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen in Deutschland geworden.